Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze
Das Gemack befand sich am Ende "van`t
Kohgang"
Geteilte Zeitungsseiten warten am rostigen Nagel
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Es ist Faschingszeit, und die Narren haben das Zepter fest in der Hand. Auf immer neuen Veranstaltungen muß Prinz Karneval mit seiner Prinzessin erscheinen. Der Elferrat erteilt "Klein-Erna" oder der "Doof Nuß" das Wort. In der Bütt werden uralte Witze erzählt, und wenn dem Narren gar nichts mehr einfällt, dann folgen zu später Stunde einige Verse, die knapp oder oft voll unter die Gürtellinie zielen.
Das gibt uns die Möglichkeit, einmal über ein Thema zu schreiben, das eigentlich zur Tabuzone unserer zivilisierten Welt gehört. Zwar sehen wir gelegentlich in unseren Zeitungen ein Anzeigensammelsurium über das gekachelte und geflieste Bad, aber so richtig auf den Punkt kommen die Sonderangebote selten.
"Of wi dat Gemack nu Oftritt, Tant-Meyer, Hüüske, Toilette of Abort nöhmen", schreibt die "Stimme Ostfrieslands", Ewald Christophers in einem feinsinnigen Artikel, "een besünner Stee is't allemal in uns Läben. Een Hook, wo wi woll nich gern över prooten un snacken, de wi avers doch elker Dag nödig bruken". Und er fährt fort:
"Gemack is dat olle plattdütsche Woord för "gemütliche Stä". Dor, wo de Kaiser to Foot hengeiht, dor kann man sük so recht "makkelk" föhlen. Dat is een lüttje Kamer, wor du de Warfel van binnen dwarsdreihst umdat een nüms stören kann. Dat is de Stee, wo du di so heel kommod een Tiedland in't Sitten uphollen kannst. Dor büst du liefalleen, dor kannst du di van all dat Olldagsgedrüs verholen. Ik kenn Lü, de nähmen dat Blattje mit up't Gemack, um dat se in Ruh dat Neejste studeern könen."
Das ehemals stille Örtchen eines landwirtschaftlichen Anwesens an der Moorhuser Straße in Rhaudermoor. | Die Papierrolle an der Wand beweist es: Ein Foto aus unseren Tagen, nicht etwa fernab von Wasserleitung und Kanalisation, sondern mitten in einem reputierlichen Ort des Overledingerlandes, wo viele Villen von bessergestellten Bürgern stehen. |
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Das stille Örtchen, die französische Toilette, das englische "watercloset" (bei uns als WC bekannt), "dat Hüüske of Schiethuus", das Plumpsklo oder der Donnerbalken, eines dieser Wörter benutzen wir jeden Tag für das "00", den neutralen Ort, wo jeder täglich hineilt. In den Bauernhäusern unserer ostfriesischen Dörfer befand sich dieser Ort am Ende "van't Kohgang, stuv tegen de Jierbak". Im Winter ging man mit einem "Schienfatt", einer Petroleumlampe, nach hinten und ließ die Tür ein wenig auf, um die wohlige Wärme des Kuhstalls in das Gemack hereinzulassen. Auf einem rostigen Nagel hingen viergeteilte Zeitungsseiten, und eine Spinne wartete in ihrem Versteck auf eine Beute in ihrem kunstvoll gefügten klebrigen Netz.
,Veränderungen" hieß die Fotoausstellung im Rhauderfehner Rathaus. Fast täglich verändern sich Dinge um uns herum. Man muß sie sehen und sollte sie fotografieren als Dokumente unserer schnellebigen Zeit. Diese Giebelwand wird jetzt abgerissen und neu aufgemauert. Dann ist das steinerne "Huuske" verschwunden, das schon lange nicht mehr benutzt wurde. | Es ist gar nicht so leicht, Fotos mit einem "Gemack" zu finden. Wer genau hinschaut, sieht rechts an der hinteren Hauswand "dat Huuske". |
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In den neuen Fehndörfern war das alles etwas anders. Die Colonisten hatten kein Geld für aufwendige sanitäre Anlagen. In den Pullenhütten oder den "Eenkökenshuusen" gab es gerade genug Platz für Mensch und Vieh. Der Mist wurde hinters Haus gekarrt. Die Jauche floß in eine offene "Jierdobbe". Mitten in diesen unappetitlichen Kolk gab es einen kleinen Sandhügel. Dort standen zwei Bretterwände, die zum Haus hin durch eine Tür als Sichtschutz verbunden waren. Nach hinten zum Hochmoor hin war das Häuschen offen, Wind und Regen hatten freien Eintritt.
Wer alte Fotos aufmerksam betrachtet, entdeckt "dat Gemack" (siehe FK v. 15.6.1989 und v. 15.2.1990). Dieser hölzerne Anbau (links) hat früher als halboffene Holzhütte in einer "Jierdobbe" auf einem kleinen Sandhügel etwa zehn Meter vom Haus entfernt gestanden. |
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Jauche und Mist waren kostbarer Dünger für das unwirtliche Land. Der saure und mineralarme Moorboden benötigte viel Kalk und Stickstoff, um wenigsten einen kleinen Ertrag von dringend benötigten Nahrungsmitteln hervorzubringen. Die Moorcolonisten waren auf tierischen und menschlichen Naturdünger dringend angewiesen. Noch bis nach dem 2. Weltkrieg konnte man auf den Fehndörfern solche Häuschen in den "Jierdobben" sehen.
Das hat sich inzwischen geändert. Fast jedes Haus ist an eine Schmutzwasserkanalisation angeschlossen. Jede größere Ortschaft hat ein Klärwerk. Das kostbare und oft schon teure Trinkwasser wird zum Wegspülen benutzt. Falls das Klo verstopft ist, werden scharfe "Rohrfrei"-Chemikalien in das Becken geschüttet. Die Fliesen unserer modernen Naßzelle werden täglich mit Flüssigkeiten gereinigt, die oft so ätzend sind, daß die saubere Hausfrau Schutzhandschuhe überstreifen muß. In den letzten vierzig Jahren hat eine sterile Sauberkeitswelle die Haushalte erfaßt, die einen erschaudern läßt.
Sicher, niemand will zurück auf das alte Plumpsklo, auch wenn das Herz in der Tür "von Liebe spricht". In den öffentlichen Bedürfnisanstalten muß eine gewisse Sauberkeit herrschen. Auch die Toiletten in den Schulgebäuden bedürfen größtmöglicher Sauberkeit, schließlich hat dort so mancher seine erste Zigarette geraucht. Aber das private WC im eigenen Heim, könnte das nicht ein bißchen von der früheren Gemütlichkeit vergangener Tage zurückerhalten? Dieser täglich benutzte Tabuort hätte es verdient, daß er anheimelnd und farbig gestaltet wird.
Hanni Frerichs aus Südbrookmerland schrieb an Ewald Christophers: "Du hest dat Mackje vergeeten. In de Buurnhuusen stünn boven an de Achtermüür over de Grög so een lüttje Mackjr för Kinner. kennst du dat nich mehr? Dat mackje harr dat Utseln van't Krübbstohe, blot ohn BaIm un ohn dat Ünnergestell, wor de Test in stunn un ok dat Brett vör't Lief fehlde. Vör dat Mackje leeg een breeden Plank over de Gröp, um dat so'n Kind d'r ok allennig of- un upkamen kunn.
Up so'n Mackje kunnst di stünnelang uphollen, ok, wenn du heelneet nödig mußt. Besünners in Winter bi't Föern un Melken geev dat van dorut vööl to kieken un to lunkohren. Un butendem weer't warm in de Stall un schummerig van't Schienfatt. Du hörst de Ketten van de Koeje'n klappern un klötern, ok hör Grosen un Närkauen, dat Snuben un Stampen un Hünsken van Peerd un Fohl, dat Gieren van de Swien un de Bieggen, dat Blaaren van de Kalver, und up de Futterkist seeten de Katten un wachten up hör Melk."
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Erinnerungen an die Kinderzeit auf dem Lande. Schön war die Zeit, und vergessen sind die ängstlichen Versuche, in die unvollkommene und oftmals primitive Welt der Großen hineinzuwachsen. Heute lachen wir darüber oder smüstern ein wenig, wenn es um das "stille Örtchen" unserer Großeltern geht. Für die Büttenredner der Faschingsvereine hier eine wahre Geschichte: Als der Mann vom Landratsamt zum Bürgermeister Tiedeken nach Burlage kam, mußte er nach der langen Reise dringend "ut de Büx". Tiedeken war aber gerade am Umbauen. Für den Notfall hatte er ein paar Planken mit einem "Plumpsgatt" über eine "Backkaor" gelegt. Dem inneren Drang gehorchend benutzte der Herr aus Leer dieses notdürftige Behelfsklo und erledigte sodann seinen amtlichen Auftrag. Zurück in Leer berichtete er den Kollegen auf dem Amt von dem fortschrittlichen Bürgermeister in Burlage, der ein "fahrbares Klosett" für Besucher besitze!
Die ersten Strahlen der tiefstehenden Frühlingssonne spenden ein bißchen Wärme, so daß die kleine Marianne schon draußen sitzen darf. Sie hält den geliebten Ball mit beiden Händen fest und wartet geduldig auf den großen Augenblick. |
Ein moderner, fein gedrechselter "Krüppstoehl" von 1931 ohne Topf. Die alten musealen Kinderstühle waren häufig aus einfachen Brettern zusammengezimmert. |
Ab und zu werden auf Auktionen in London oder New York versilberte oder sogar vergoldete "Nachtgeschirre" von Kaisern und Königinnen für viel Geld versteigert. Hier sitzt "Paster Smidt sien Jung achtert Pastoree up Pott". Damit ihm die Zeit nicht zu lang wird, darf er in einem Bilderbuch blättern. |
Fotos (3): Heinze
Zur Verfügung gestellt von Anni van Dieken, Anton Hensmanns, Rita Schwede, Bernhard Struck und Erna Taute.
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