Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze
[ Zurück zur Übersicht aller Artikel des Fehntjer Kuriers 1987 ]
[ Zum Seitenanfang ]
Rhauderfehn (H). - Am 5. Dezember d. J. wird in Bremen ein Brief versteigert, der heimatgeschichtlich hochinteressant ist. Es ist eine Ganzsache aus Oldenburg. Als ,Ganzsachen' bezeichnet man Karten und Umschläge, bei denen die Marke schon eingedrückt ist. Früher konnte man auf jedem oldenburgischen Postamt solch einen Umschlag mit Briefmarke kaufen.
1700 DM, so hoch ist der Ausruf für diesen Brief mit dem Westrhauderfehn-Stempel in blauer Farbe. Mehr Einzelheiten dazu lesen Sie im Innern unserer heutigen Ausgabe. |
Wo die beiden Schiffer diesen Umschlag kauften, läßt sich heute nicht mehr sagen. Es kann auf einer Reise nach Barßel gewesen sein, denn das lag ja schon im Olden-burgischen. Er kann aber auch in Hoeksiel oder Burhave oder Brake gekauft worden sein. Unsere Schiffer kamen überall hin.
Das eigentlich Besondere an diesem Umschlag aus dem Oldenburger Land ist, daß er im damals hannoverschen Westrhauderfehn aufgegeben wurde, und der damalige Postvorsteher kein Nachporto erhob. Er kannte wohl seine Schiffer, die immer in Not waren, wenn sie ihre Post an Land loswerden wollten. Da hat er dann wohl beide Beamtenaugen zugedrückt und den Brief gleich der Oldenburger Post übergeben.
Noch eine Besonderheit müssen wir erwähnen: Der blaue Westrhauderfehn-Stempel aus der Hannoverzeit ist der einzige, der links herum läuft! Alle andern Zweikreisortsstempel der damaligen Zeit wie Leer, Stickhausen oder Weener laufen rechts herum.
Man sieht, dieser Umschlag ist in der Tat eine kleine Kuriosität. Soweit bekannt, gibt es keinen zweiten dieser Art.
Noch ein Wort zur Adresse:
Viele Leser haben sicherlich "Bremen" anstelle von "Wremen" gelesen.
Wremen im Land Wursten liegt zwischen Bremerhaven und Cuxhaven an der
Wesermündung. Der rückseitig angebrachte Ankunftsstempel "Dorum" beweist
es, denn dieser Ort hatte das nächstgelegene Postamt (in Wremen gab es nur eine
Posthalterei).
Wichtig für den Heimatgeschichtler bei diesem Los 305 der Internationalen Briefmarkenauktion ist die Tatsache, daß der Brief "mit Inhalt" angeboten wird. Hierzu eine kleine Erklärung: Alle Auktionshäuser schicken von ihren Losen Kopien gegen Kostenersatz. Die Leser des Fehntjer Kuriers sind also schon heute in der Lage, den Inhalt dieses Briefes zu kennen, obgleich er noch gar nicht versteigert ist.
Ende Juli 1862 diktiert ein Schumacher (oder Schoemaker?)
diesen Brief. Der Schreiber macht erbärmlich viele Fehler, denn der Schiffer
spricht viel zu schnell. Wenn er dann einen Satz auf platt wiederholt, benutzt
er andere Wörter, und der Schreiber kommt völlig durcheinander.
Interessant, wie früh die Schiffer den Torf verkaufen wollten. Der konnte ja
noch gar nicht trocken sein. Aber bei so weiten Reisen (den Küstenkanal gab es
noch nicht!) über Leer, Emden, am Möwensteert vorbei, die Inseln südlich
hinter sich lassend, und dann bei widrigen Winden in die Wesermündung - da
mußte man früh anfangen, eine Ladung zu bekommen.
Heute fragen wir uns verwundert, ob solch eine weite und
gefährliche Reise mit der Seetjalk denn wirklich so viel einbrachte, daß eine
vielköpfige Familie davon leben konnte. Und wer seine Heimatkarte Ostfriesland
mit dem angrenzenden Jeverland genau studiert hat, der fragt sich zudem, warum
die Fehntjer Schiffer den Torf in eine Butjadinger Ecke lieferten, in der das
Teufelsmoor oder das Ahlener Moor doch eigentlich vor der Haustür lagen.
Wir hoffen, daß wir unseren Lesern mit dieser Veröffentlichung ein kleines
Adventsgeschenk ins Haus schicken konnten. Gern veröffentlichen wir Ihre
Meinung zu diesem historischen Brief.
Rhauderwest Fehn d. 31. July 1862
Wertester Freund A. Hey Wremen E. H. Schumacher u. Grüsing |
Übersetzung: Westrhauderfehn, den 31. Juli 1862 An Herrn A. Hey in Wremen Wertester Freund! Verabredungsgemäß teile ich Ihnen mit, daß der Torf verladefertig bereitsteht. Ich hätte vielleicht eher kommen können, aber der vorgesehene Torf war noch nicht trocken genug. Jetzt ist er aber gut, wie Sie selbst sehen werden. Nun möchte ich Sie freundlich bitten, all denjenigen, die meinen Torf be-kommen, davon in Kenntnis zu setzen. Auch Grüsing hat jetzt schon Torf nach Wremen geladen. Vor-her hatte er auch keinen guten Torf gehabt. Wir werden uns beeilen, um bald hinzukommen. Hoffent-lich mit großer Takelage (vollen Segeln), aber das hängt vom Wetter ab. Es grüßen freundschaftlich E. H. Schumacher und Grüsing |
[ Zum Seitenanfang ] [ Zurück zur Übersicht aller Artikel des Fehntjer Kuriers 1987 ]
Rhauderfehn (H). Sicherlich haben viele unserer Leser mit großem Interesse die spannende Rätselauflösung bei dem alten Foto "Welche Wieke?" in unserer Ausgabe vom 12. November verfolgt. Falls nun noch ein Rest von Skepsis geblieben sein sollte, so möchte der Fehntjer Kurier diese Zweifel mit unserem heutigen Foto beseitigen. Auf die Rückseite hat Heiko Athen nämlich folgendes vermerkt: "Reproduktion einer Aufnahme der 1. Südwieke. - Ich nehme an, daß die Aufnahme etwa 1890 entstanden ist." Da müssen wir ihm Recht geben. Wir erkennen die hohen Eichen rechts vor dem Hagius'schen Zaun, und auch die Baumreihe hinter dem Haus links gleicht dem alten Bild von 1885. (In diesem Haus wohnte lange Zeit der Tierarzt Freesmann, der später nach Collinghorst verzog.) Typisch auch für ältere Fehntjer der Heuhaufen von Plümers Ecke: Der stand da "immer". Der Dreihpost auf unserem alten Foto von der Baustelle 1885 ist jetzt entfernt, er war ja überflüssig geworden durch die neue Ziehbrücke am (heutigen) Kreisel. Die beiden Herren rechts sind bis auf den heutigen Tag unbekannt geblieben, was beweist, das sie nur Staffage bei dieser "Composition" waren.
|
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie, wenn Sie
diesem Link folgen:
http://www.archiv-heinze.de/colonien/westrhfehn/postWF/postwf.html
[ Zum Seitenanfang ] [ Zurück zur Übersicht aller Artikel des Fehntjer Kuriers 1987 ]
[ Home ]
[ Hilfen ] [ Publikationen ] [ Aktuelles ] [ Overledingerland ] [ Zeitungsartikel ]
[ Links ][ Startseite ]