Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze
Hinter Meyers Gärtnerei im Untenende von Westrhauderfehn stand in den vierziger Jahren dieses Betonbecken vor der eisernen Pumpe. Die Jungen aus der Nachbarschaft fanden hier erfrischende Kühlung von der Hitze des Sommers. Links Helmut , dann Johann, Ferienkind Karl Bernhard aus Wuppertal und halb verdeckt Hansi. |
Nicht, daß jemand glaubt, Hansi wolle mit einem elegant gehechteten Köpper ins Betonbecken springen! |
Die Hundstage haben uns wieder. Kreislaufgeschwächte Mitmenschen stöhnen ob der schwülen und drückenden Luft. Die arbeitende Jugend jedoch wünscht sich nichts sehnlicher als das Ende ihrer täglichen Dienstzeit, um endlich in die kühlen Fluten eines Sees einzutauchen. Die Kinder haben noch Ferien und tummeln sich in der Badeanstalt, während Oma und Opa hinterm Haus im angenehm temperierten Schatten die Erbsen auspuhlen.
Es ist nicht ganz einfach, jedes Jahr erneut einen schmückenden Text für die alten Fotos zu finden. Am 20.Juli 89 habe ich über die verschiedenen Badestellen in den Wieken auf den Fehnen geschrieben, und am 9.8.90 über die Baggerseen in und rund um unser Overledingerland. Zur Sicherheit habe ich mich auch in diesem Jahr mit eigenen Augen davon überzeugt, daß die Kinder weder in den Wieken noch in den zu Fischteichen umfunktionierten Sandentnahmestellen baden. Ordentlich, wie es in Deutschland nun einmal zugeht, befand sich die schwimmende und herumplatschende Bevölkerung in der Badeanstalt am Langholter Meer, am Freizeitsee in Grotegaste oder am Idasee. Der Badesee in Völlen hatte nur wenige Gäste, und die Baggerkuhle an der Grünen Straße ist jetzt in Privathand. Ein kleines Mädchen übte unter der gestrengen Aufsicht ihrer Mutter die erlernten Schwimmzüge im angenehm warmen Wasser.
Worüber also soll ich schreiben? Das quälende Nachdenken versuchte ich in geordnete Bahnen zu lenken. Erst einmal die Fotos zusammensuchen. Und siehe da: Auf zwei hektografierten Zetteln befindet sich die hübsche Geschichte von einem Ehepaar, daß - etwas später im Jahr - einen Ausflug ins Fehntjer Meer unternimmt. Für diejenigen, die sich nicht ganz so gut auskennen, sei der Weg kurz beschrieben. In Westrhauderfehn geht man am Verlaatshaus immer den Deich am Fehntjer Kanal entlang. Dort, wo an einem Pfahl zwei Schilder angebracht sind, befindet sich das nunmehr verlandete "Rhauder Meer". Das eine Schild weist zurück: "Am Deich", und das andere zeigt die Richtung an: "An der Tobiasbrücke". Diese Wiesen und Weiden sind eingezäunt, damit eine grasende Rinderherde nicht ausbrechen kann. Naturfreunde aber wissen, daß durch dieses "Meer" ein Trampelpfad geht, der in der Höhe der ehemaligen Wasserschöpfmühle wieder auf die Deichstraße kommt.
Dort also spielte sich die folgende Geschichte ab. Das Jahr 1959 hatte uns damals einen herrlichen Sommer beschert. Die neu erbaute Badeanstalt am Leda-Jümme-Weg war überlaufen gewesen. Der damalige Bademeister war froh, als die Saison endlich vorbei war. Die Wochenenden danach lockten aber wieder Menschen aus ihren Wohnhäusern. Die Geschichte von dem verunglückten sonntäglichen Spaziergang ist in etwas hoppelige Reime gesetzt, trotzdem aber hübsch zu lesen, und aus diesem Grunde möchte ich sie unseren Lesern nicht vorenthalten. Für alle diejenigen, die es nachmachen wollen: Hüte dich vor lockeren "Richelpahlen"!
"Der Sommer ist so gut wie schon verflossen. Die Badeanstalt hat bereits geschlossen. Der letzte Sonntag in des Sommers halben Jahr ist aber noch recht mild und sonnenklar. Soll man dabei zu Hause bleiben ? Es will auch ihn und sie ins Freie treiben.
Sie planen einen Weg von großer Länge, doch scheuen sie der Landstraße Gedränge. Recht einsam ist’s am Fehntjer Meer; gewöhnlich ist es dort ganz leer. Dort wird auch die empfindlichste Nase gestört nicht durch die Auspuffgase.
Gesagt - Getan! Man zieht sich an. Nach Rhaudermoor ist es nicht weit. Dann lockt der Wiesen Einsamkeit. Drum lenkt den Schritt man von des Deiches Höhe auf einen Wiesenpfad, der in der Nähe. Bewundernd bleibet er oft stehen, um sich den schönen Graben anzusehen, der nebenher den Weg hinschlängelt und malerisch sich durch die Landschaft drängelt. Auch sieht er öfters durch sein Glas, ob in der Ferne los ist was.
Sie nimmt sich dazu nicht viel Zeit. Der Abstand wird allmählich weit! Bald ihr versperrt ein Stacheldraht den wunderschönen Wiesenpfad. Weil der sie auf dem Wege hemmt, sie sich nun um den Grenzpfahl stemmt. Doch ist der leider nicht mehr ganz intakt. Bei der Belastung er zusammenknackt. Und mit des morschen Pfahles Stücken schwimmt sie im Wasser nun auf ihrem Rücken. Von ihr zu sehen nur noch war die Nase und ein wenig Haar.
Und "Hilfe! Hilfe!" sie nun gurgelt, weil sie schon beinah abgeschmurgelt. Zu Hilfe eilet dann der Mann - so schnell er kann. Er zieht sie, die naß nun wie ein Pudel, jetzt aus des kalten Wassers Strudel. Da steht sie nun! Es lecken alle Kleidungsstücke. Doch war ein Haus nicht allzu fern zu ihrem Glücke. Dahin nun streben beide jetzt mit eil'gen Schritten, wo sie um trockne Kleidung bitten. Hier zeigt sich nun, wozu ein wahrer Christ in solchen Fällen dienlich ist!
Man sperrte sie in eine ölgeheizte Kammer, wo sie entfernte bald der nassen Kleidung Jammer. Man gab ein Tuch ihr zum Frottieren, gab trockne Kleidung, damit sie nun ihren so kalten Leib in warme Sachen konnte laben nach ihrem unfreilwillgen Baden. Man gab ihr Schnaps, um aufzuwärmen die kaltgewordenen Gedärmen. Damit sie warm wurd' bis zum Zeh reichte man auch noch heißen Tee.
Die Kleider paßten ihr wie angemessen. Es wurde selbst ein Mantel nicht vergessen. Die nassen Sachen wurden eingeschnürt und späterhin dem Manne aufgebührd't. Um abzukürzen nun den Weg nach Hause, hat man nach einer längren Pause sie mit der Jolle übers Tief gefahren, so daß sie bald zu Hause waren. Ihr glaubt: Sie hat jetzt einen Kater ? Ihr irrt! Sie hat nun Öwerwater!"
Nach dem erfrischenden Bad sind Helga und Johann sehr hungrig. Nun schmeckt das Abendessen doppelt gut. |
In den fünfziger Jahren gab es in Rhaudermoor die Gaststätte "Unter den Linden", die van Wahdens gehörte. Wenn Schützenfest war, stand die Eistruhe mit den leckeren Köstlichkeiten unter dem schattigen Baum. Sehnsüchtig guckt Edith zu Frau Goede, aber die bedient erst die großen Kinder, die sich alle vorgedrängt hatten. |
Eine Fahrt mit dem hölzernen Backtrog durch die 1. Südwieke in Westrhauderfehn. Ferienkind Helmut nimmt die Hände zu Hilfe, um von der Stelle zu kommen. |
Helga war schon vier Jahre alt und bekam deshalb die größere Balje. Sie hatte sich ihres Kleides ordentlich entledigt, aber ganz nackt wollte sie nun doch nicht ins Wasser. Deshalb blieb die hübsche Schleife im Haar. |
Die Kleinen plantschen in der sommerlichen Hitze besonders gern im Wasser. Hier hat Johann seinen Spielanzug gar nicht erst ausgezogen. |
Ein lustiger Wuschelkopf guckt aus der verzinkten Wanne. |
Zur Verfügung gestellt von Heinrich Gosch, Johann Hündling, Edith Müller-Freede und Anni Scheer.
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