Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze
Was so aussieht wie ein hübscher Blumenstrauß, entspricht nicht der Wirklichkeit. Auguste Meyer zeigt ihrer Nachbarin Gretchen Hündling eine Handvoll ausgestochener, stacheliger Kratzdisteln, die leider auf diesem guten Weideland immer wieder hervorkamen. Das Distelstechen war für den Menschen eine "kratzbürstige" Arbeit. Trotzdem wurden diese nahrhaften Pflanzen (heute gibt es Distelöl im Reformhaus!) nicht einfach weggeworfen. Fein aufgeschichtet auf einer "Plattkaar" kam ein Tau über diesen stacheligen "Bült", und dann gings zum "Swienpott", wo die Disteln mit durchgekocht wurden. |
Im Frühjahr kommt Mist aufs Land. Normalerweise ist das die einzige männliche Tätigkeit. Hier wurde sie dem Weiblichen Arbeitsdienst übertragen. Im Hintergrund Alide Schlüter, die bei Heyens aushalf, und vorn auf dem Brunnen Kea Meyer, die ihre Haare auch heute noch so trägt wie im Jahre 1934. |
Nach getaner Arbeit schmeckt das Pfeifchen besonders gut. Mit dieser "Backkaor" hatte Schmiedemeister Johann D. Brunsema den gut durchgerotteten Mist aufs Gartenland gefahren. Jetzt ist Feierabend, und die Gartengeräte werden nach Haus gebracht. |
Wenn die ersten Beete angelegt worden sind, wird das restliche Tuunland umgegraben. Hier schwingt Netti Brinkmann gekonnt den Spaten. Ob sie Linkshänderin ist ? |
Das Okulieren oder Propfen ist eine besondere Kunst, die nur wenige freischaffende Hobbygärtner beherrschen. Früher, als man Obstbäume noch nicht überall im Discount kaufen konnte, waren diese fähigen Männer wie Dirk Hahn aus Glansdorf oft gefragt: "Kannst du eben mien Boom mit'n neje Taak enten?" |
Vom Kalenderblatt lacht ein hübsches junges Mädchen, das auf einer Leiter steht, die an einen Kirschbaum gelehnt ist. Erdbeeren, Kirschen, der erste Schnittkohl und zarte Salatblätter - welcher Hobbygärtner ist nicht stolz auf seine Erfolge im eigenen Garten.
Wir nähern uns dem 21.Juni. Sommersonnenwende, Sommeranfang ? Oder wars das schon ? Für viele hat der Sommer noch gar nicht richtig begonnen. Es ist zu kalt und zu naß. Das ärgert nicht nur die vielen Urlauber in unserer Gegend, sondern auch manch heimischen "Tuuntjer". Urlaub in "Bad Meingarten" oder in "Tuunesien", das wäre was gewesen! Aber viele Stadtmenschen wissen gar nicht mehr, was ein Hausgarten ist. Es gibt nur ganz wenige City-Bewohner, die sich einer Kleingarten-Kolonie anschließen können. Dafür muß man dann als stolzer Pächter einer winzig kleinen Fläche schwarzer Erde noch einen Batzen Geld überweisen, so daß sich eine spätere eigene Ernte gar nicht mehr rechnet.
Der immer wieder geäußerte Wunsch bei der Betriebsfeier für eine Pensionär, der in Rente geht: Möge er einen unruhigen Ruhestand haben! Er selbst, der gute und liebe Mitarbeiter, hat nur einen Wunsch: Endlich Zeit zu haben für seinen Garten. Nicht Rosen will er züchten wie unser ehemaliger Bundeskanzler Konrad Adenauer, sondern "Zieppels, Wuddels un Tuffels". Im Herbst hat er umgegraben, im Frühjahr den ständig kontrollierten Kompost auf den Acker gebracht, erneut umgegraben, geharkt und etliche Beete angelegt.
Inzwischen wurden die bunten Tüten gekauft, wo draufsteht, daß dieses Saatgut geprüft ist und ein sicheres Auflaufen garantiert wird. Manchmal dachte der Hobbygärtner: "Man lever en Püüt mehr as to min". Die kleinen Samenkörnchen liegen nicht gerade vertrauenerweckend in der Handmulde. Trotzdem werden sie ausgesät, und anschließend geht das große Warten los. "Guck mal da, ob das schon die ersten Spitzen von unseren Karotten sind ?" Oft genug ist es nur das erste Unkraut, das sich dreist in den Vordergrund schiebt.
Zwischendurch haben die professionellen Gärtnereien ihre im Gewächshaus gezogenen Pflänzchen in Zeitungsanzeigen angepriesen. Spitzkohl, Blumenkohl, Rotkohl, Weißkohl, Tomaten und Gurkenpflanzen, all das wird schon frühzeitig angeboten. Kommt die kalte Sophie oder die späte Schafskälte und vernichtet die jungen, warm gezogenen Pflänzchen - macht nichts, der Gärtner hat vorgesorgt, die zweite Partie ist schon soweit, daß auch sie verkauft werden kann. Denn unser Fachmann weiß, daß es immer genug Leute gibt, die die ersten sein wollen, um ihren Garten "upsteh" und vorzeigefertig zu haben.
Die späten Frühjahrsnachtfröste haben die zarten Bohnenblätter und auch die neugierigen Frühkartoffeln schwarz werden lassen. Erneut geht es ans Pflanzen und Setzen und Aussähen. Kein Gärtner läßt sich entmutigen. Schließlich hat er manchen Schweißtropfen vergossen, um zu sehen, wie die Natur es in seinem Garten wachsen und gedeihen läßt. "Wenn Maimaant kummt un dat sprutjet un grönt un deiht un breckt de Knoppen un bleiht - nu rögt sück dat hete Bloot, oh Sommersünn", heißt es in einem Gedicht von der unvergessenen Wilhelmine Siefkes.
Dabei haben wir nun Mitte Juni. Und so richtige Gartenfreuden konnten wir noch nicht genießen. Ganz davon abgesehen, daß einige schlechte Menschen sowieso "keinen Verstand" fürs Tuuntjen haben. Des Gärtners größte Freude ist es, wenn die Pflanzen in Reih und Glied stehn, "as Soldaten in lang Riegen up't Feld." Da wird eine lange Schnur über das Beet gezogen und die Pflänzchen akkurat und militärisch genau eingepflanzt. Wehe, wenn sich eine erdreistet, aus der Reihe zu wachsen! Gleich kommt die Menschenhand und korrigiert dieses fehlerhafte Verhalten. Schließlich kann die Natur in "meinem" Garten nicht machen was sie will. Wo kämen wir denn da hin ?
Ganz schlimm wird es natürlich, wenn die "Eckster" oder Schwarzdrosseln im frisch angelegten Beet wühlen. Sie ziehen so lange an den zarten Trieben, bis das Pflänzchen daneben liegt. Es geht dem bösen Vogel nur um das gekeimte und aufgebrochene Saatgut. Noch schlimmer wird es, wenn die Wildkaninchen im Garten herumtoben. Es sind ja ganz possierliche Tierchen, diese osterhasenähnlichen Minikängeruhs, aber bitte nicht in "meinem" Garten! "Över Dag büst du noch Baas in dien Tuun, man wenn de Düsternis kummt, of meesttieds um Ühr of veer, wenn de Sünn sachtjes upstiegen deiht, dann kumen's und wöhlen die deepe Locken in de Grund, freten de Blöhmen und Plantjes ratzeputz of."
Nun könnte man einige Kaninchenfallen aufstellen, aber das wäre Jagdfrevel. Also den zuständigen Jäger benachrichtigen, doch der darf in Häusernähe nicht schießen. Was bleibt übrig ? Man geht zum Gartenmarkt oder in die Drogerie. Dort gibt es ein Mittel, das elendig stinkt und "mit Garantie" die ungeliebten Plagegeister vertreibt. Wohin ? Na eben "weg". Vielleicht zum Nachbarn, ja. Soll der doch selbst sehn, wie er die ewighungrigen Hoppeltierchen loswird. Hauptsache, die Wildkaninchen sind nicht mehr in "meinem" Garten!
Ob Elstern, Wühlmäuse, Raupen oder Blattläuse, Milben oder Grauschimmel, gegen alles hat unsere gute deutsche Chemie ein Mittelchen parat. "Tante Amalies Hausgarten" soll frei sein von allem "Untüch". Schließlich ist das "weeden" ein anstrengender Job. Doch die meisten Tuuntjer wollen ein chemiefreies Gemüse. Da steht man nun im Nieselregen oder naßkalten Nordwind mit der Hacke neben dem Beet und versucht, Herr zu werden über "de Stickels", all das vorwitzigen Grünzeug, das in diesem Bohnenbeet nichts zu suchen hat. Mit dem Krabber geht es anschließend durch die Frühkartoffeln, und bestimmte Beete dürfen nur mit der Hand "schoon" gemacht werden, was natürlich kräftig in den Rücken geht. "De dat Unkruud een Jahr lett stahn, mutt söven Jahr an't weeden gahn." In sandigen Gegenden sind es im Spätsommer "de Kattsteerten" (der Schachtelhalm), der tief herausgerissen werden muß. Und am schlimmsten sind die Disteln: "Diessels weeden is Diessels redden", sagt man in Ostfriesland, denn sie kommen noch aus den kleinsten Wurzelresten immer wieder zum Vorschein.
Es gibt ältere Frauen, die sich im Juni nicht mehr "liek" aufrichten können. Vom vielen Bücken stehen sie krumm und schief zwischen in ihrem Garten, haben Schmerzen überall - aber ihr Garten, der ist "best upsteh, de sücht ut as'n Paradies, wenn't all greit und bleiht"! Und das alles ohne chemische Keule. Bleibt der wohlgemeinte Rat: "Dat mußt du weeten, sä Jan Eden, de kien Kohl hett, bruukt ok nich weeden!"
Wer kein Tuunland mehr benötigt, der sät Rasen an. Damit die Grassaat nicht wegfliegt oder ausgeschwemmt wird, muß sie gut angedrückt werden. Das kann man mit einer Walze machen oder mit einem Stampfer oder auf die von Peter Poelker gezeigte Methode. |
Zum Sonntag wurden die Wege saubergeharkt, damit eventueller Besuch einen ordentlichen Garten vorfand. Gerd ließ sich im Langholter Molkereigarten mit der neuen Kamera fotografieren. |
Der Boden ist bestens präpariert. Jetzt kommt die Saat in den Grund. Falls der verstorbene Robert Lemcke den Langholter Joseph Bohlmann auffordern würde, eine typische Handbewegung zu machen, so wäre das sicherlich die hier im Bild festgehaltene Aussaathaltung. |
In diesem sommerlichen Garten sind die Frühkartoffeln schon geerntet. Ein Bild aus der guten alten Zeit, wie es viele Fehntjer in Erinnerung behalten haben. Ob Johann Geburtstag hat? Stolz trägt er seinen neuen Sommeranzug. |
In fast jedem richtigen Bauerngarten gab es einen hübschen, von einer niedrigen Buchsbaumhecke eingefaßten "Bloementuun". Hier läßt Johanne das Nachbarkind Christa Brahms aus der 1. Südwieke an einer herrlich duftenden Rose riechen. |
Zur Verfügung gestellt von Gerd Böttcher, Netti Brinkmann, Agate Helling, Johann Hündling, Kea Meyer, Peter Poelker, Wilhelmine Pruin, Hanni Scheer.
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