[ Fehntjer Kurier ]

Geschichten aus dem Overledingerland

Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze


Fehntjer Kurier vom 28.02.1991

 

Vor 500 Jahren: Mit Harnisch durch das Eis gebrochen


 

Im Winter 1946/47 hat Edith mit ihrem Papa diesen herrlichen Schneemann in der Vereinswieke gebaut.


 

Gerd Beening fegt den Schnee von den Steinen seines Anwesens in Spriekenbörg zwischen Esklum und Tjackleger.

 

Vorsicht, Stacheldraht!“ heißt es hier am Wiesenweg in Langholt für die Kinder Josef und Hans Peter Poelker sowie für Angelika Schlenker am Zugseil. Im Hintergrund in der Mitte das Haus von Osteresch.


 

Verbotene Liebe zwischen Drost und Fürstentochter

 

Dieser ausgediente, herrlich gelbe DKW von Conrad diente den Nachbarskindern in Ostrhauderfehn zum Spielen. Im Vordergrund ein kleiner Schneehügel für Rutschpartien mit dem Schlitten.

 

Selbst auf die Gefahr hin, daß mittlerweile der diesjährige Schnee- und Eiswinter den ersten Frühlingslüften weichen mußte, möchte ich doch noch einen kleinen Fotorückblick in vergangene Zeiten wagen. Die Ostfriesen sind vom Schnee nicht allzu begeistert. Während in Süddeutschland riesige Menschenmassen in die Berge fahren, um für einige Minuten rasende Skiabfahrten ins Tal zu genießen, bleiben die Nordlichter eher etwas realistischer.

Im weiten Ostfriesland den­ken die Menschen an die schwierigen Wegeverhältnisse, die ihnen hohe Schneeverwehungen bescheren, sie denken an die vielen kleinen Schneeflocken, die ihren Weg zwischen den Dockendachpfannen hindurch auf den hölzernen Dachboden gefunden haben, und an den abgrundtiefen Matsch, der während der später einsetzenden Tauperiode entsteht. Der Ostfriese ist kein Freund von vielem Schnee, denn der bedeckt auch die herrlichen Eisbahnen auf den Kanälen und Seen und zwingt zum Fegen.

Dieses Eis war nicht immer fest in Ostfriesland. Es gab viele tragische Unfälle, wie in den Kirchenbüchern und alten Zeitungen nachzulesen ist. Ein solcher Eisunfall hat Geschichte gemacht. Als im Februar 1491, also vor nunmehr 500 Jahren, das Eis des Burggrabens von Friedeburg im Nordosten Ostfrieslands barst, ertrank dort der junge Graf Enno I., der in voller Rüstung seine Schwester zurückholen wollte. Wie wäre die Geschichte Ostfrieslands verlaufen, wenn nicht Edzard der Große, sondern Graf Enno der Zornige die Geschicke des Landes gelenkt hätte?

Was war geschehen? Auf der Friedeburg war nach Hero Mauritz‘ Tod der westfälische Adelige Engelmann von Horstel als Drost von Gräfin Theda eingesetzt worden (s. FK vom 16.8.90). Bislang galt Engelmann als erbar und duchtig", wie es in alten Urkunden hieß. Als er sich aber an Almuth, die hübsche Tochter von Gräfin Theda, heranmachte, wurde er plötzlich zu einem ,,schlauen und unzuverlässigen" Mann. Der Standesunterschied war es, der hier den Ausschlag gab für die geänderte Beurteilung.

Almuth war die jüngste Tochter von Gräfin Theda. Als ihr Bruder, Graf Enno I., als Kreuzritter ins Heilige Land nach Jerusalem gezogen war, sah der Friedeburger Drost Engelmann eine günstige Gelegenheit, sein standeswidriges Liebesverhältnis zu Almuth Cirksena zu realisieren. Er ,,verlockte das unvorsichtige Mädchen mit schmeichlerischen Worten" zu einem Spaziergang mit ihrer Zofe vor die Tore der Stadt Aurich. Dort erwartete Engelmann die beiden mit seinem Knecht. „He nam se achter sick up syn perdt unde siner knechte ener de junffer", schrieb Eggerik Beninga in seiner „Chronica der Fresen".

Gräfin Theda war außer sich über diese Entführung. Wütend verlangte sie vom Friedeburger Drosten, unverzüglich ihre Tochter Almuth herauszugeben. Als Engelmann darauf überhaupt nicht reagierte, schickte sie sofort zuverlässige Truppen nach Friedeburg, um dem Treiben zwischen Almuth und dem Drosten ein Ende zu bereiten. Doch so dumm war der westfälische Adelige nun auch wieder nicht. Er hatte sich auf der Burg mit reichlich Proviant eingedeckt, und seine Soldaten guckten grinsend auf die wütenden Belagerer vor den Burgtoren.

Im Februar 1491 kehrte der zukünftige Landesherr, der älteste Sohn von Gräfin Theda, der in der Blüte seiner Jahre stehende Graf Enno I., von seiner militärischen Pilgerfahrt nach Jerusalem zurück. Natürlich konnte auch er es nicht dulden, daß so ein hergelaufener Drost seine jüngste Schwester standeswidrig und unmoralisch auf der Friedeburg zu einem Liebesabenteuer verführte. Fast könnte man sagen: Graf Enno zog seine Rüstung gar nicht erst aus und begab sich sofort zu den Belagerungstruppen nach Friedeburg.

Hier kam es vor der Burg zu einer erregten Auseinandersetzung zwischen dem jungen Grafen und dem Drosten. Der verliebte Engelmann gab kein Stück nach, und so wurde Enno immer wütender. Er drang auf den Drosten ein, und als der unbewaffnete Engelmann um sein Leben fürchtete, flüchtete er über den vereisten Graben in seine schützende Burg. Zornig folgte ihm der geharnischte Graf mit zweien seiner Diener. ,,Leep also mit synen gantzen harnsch em na unde schoet dale in der waken mit twe syner deneren unde dar also jäemerlich vordruncken seynd."

Vergeblich bemühten Sich diejenigen, die am Ufer standen, ihren Grafen und seine beiden bewaffneten Diener aus dem eiskalten Wasser zu ziehen. Der Tod des Erbfolgers rief tiefe Bestürzung hervor. Der Drost Engelmann konnte sich seiner Haut nicht mehr sicher fühlen, und so verschwand er eines Nachts heimlich, still und leise von der Friedeburg.

Seine Geliebte Almuth wurde nun von der eigenen Familie gefangengenommen. Soldaten brachten sie nach Greetsiel und sperrten sie auf der dortigen Burg ein. Als Bettlerin verkleidet konnte sie noch einmal nach Groningen entkommen, aber ihre Mutter ließ sie durch Beauftragte dort in einer Herberge aufspüren. Über dreißig Jahre blieb Almuth auf der Burg eingesperrt, bis sie schließlich 1525 an gebrochenem Herzen starb.


 

Eine alte Regel besagt, daß bis Lichtmeß (2. Februar) erst die Hälfte aller Wintervorräte verbraucht sein darf. Nicht immer gelingt es, diese Planung einzuhalten, vor allem dann nicht, wenn im Herbst der Winter schon früh eingesetzt hatte und das Vieh frühzeitig auf den Stall gebracht werden mußte. Hier bringt Hinrich Schmidt 1950 einen Kreitenwagen voller Stroh mit dem altvertrauten Hottehü zum Elternhaus nach Osterhörn bei Rhaude.

 

Einst gab es eine Drogerie im Untenende von Westrhauderfehn. Hier die winterliche Rückseite, vom Kanal aus gesehen.

 

Klaas de Haan, der 1949 verstarb, holt abends sein Schaf von der spärlichen winterlichen Weide in der Jürgenaswieke.

 

Schon matscht der Schnee im Buchweizenkamp, und Angelika kann sich neben ihrer Schwester Bernadette im damals modischen Wollmini in der Frühlingssonne zeigen.

 

Davon träumen Kinder: auf einem Schlitten zu sitzen und von zwei Pferden gezogen zu werden durch eine herrliche Winterlandschaft. Hier am ehemaligen Idafehner Kanal hält Rittmeister a.D. Alfred Krienke die Zügel. Einstmals versorgte er die Islandponys des Idafehner Arztes Jürgen Graef.

 


 

 [ Zum Seitenanfang

[ Zurück zur Übersicht aller Artikel des Fehntjer Kuriers 1991 ] [ Zurück zur Bildübersicht Fehntjer Kurier 1991 ]


[ Home ]
Hilfen ] [ Publikationen ] [ Aktuelles ] [ Overledingerland ] [ Zeitungsartikel ] [ Links ][ Startseite ]