[ Fehntjer Kurier ]

Geschichten aus dem Overledingerland

Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze


Fehntjer Kurier vom 27.07.1989

"Wat ik hebb, dat hebb ik"
Die "Borg" war früher ein größeres Gehöft

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"Wat ik hebb, dat hebb ik"
Die "Borg" war früher ein größeres Gehöft

Der eine oder andere Leser wird sich vielleicht sagen: "Wat well he nu denn in`t Hei?" Richtig, der erste Schnitt fand in diesem Jahr schon im Mai statt, wobei das schnell angetrocknete Gras bei den meisten Landwirten unter einer Siloplane verschwand. "Wat ik hebb, dat hebb ik", sagte sich jeder. Beim zweiten Schnitt im Juni gingen viele Bauern wieder in die altbekannte Heuernte, auch wenn es mit der Handarbeit von früher jetzt vorbei ist. Kleine Ballen liegen längst im GuIf, während die schweren Rundballen häufig noch auf den Wiesen lagern.

Der Fehntjer Kurier hatte schon einmal, am 14. Juli 1988, eine sehr seltene Aufnahme ge-bracht, das ,,Heitemen". Hier nun erneut ein äußerst seltenes Foto: Gerd (vorn) und Beene Beening bringen mit zwei hölzernen Stangen einen Heuhaufen von einem kleinen Kielstück auf die andere Seite des ,, Tochschlots", von wo er mit einem Pferdewagen abtransportiert werden kann. Dieses Foto wurde auf der anderen Seite des Bahndamms aufgenommen. Diese Heutransportmethode wurde auch angewendet, wenn es vom Deichvorland über den oft recht hohen Schutzwall ging. So ähnlich trugen auch die Fehntler ihre ,,Heibülten", nur daß es hier keine so breiten Schlote gab mit so engen Planken. Als ,,Dragstocken" dienten notfalls die Pütthaken, mit denen normalerweise das Brunnenwasser hochgehievt wurde. Richtige ,,Dragstocken" waren an beiden Seiten angespitzt. So konnten sie leicht unter die dicken ,,Hoppels" gesteckt werden.
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Der Fehntjer Kurier hatte schon einmal, am 14. Juli 1988, eine sehr seltene Aufnahme ge-bracht, das "Heitemen". Hier nun erneut ein äußerst seltenes Foto: Gerd (vorn) und Beene Beening bringen mit zwei hölzernen Stangen einen Heuhaufen von einem kleinen Kielstück auf die andere Seite des " Tochschlots", von wo er mit einem Pferdewagen abtransportiert werden kann. Dieses Foto wurde auf der anderen Seite des Bahndamms aufgenommen. Diese Heutransportmethode wurde auch angewendet, wenn es vom Deichvorland über den oft recht hohen Schutzwall ging. So ähnlich trugen auch die Fehntler ihre "Heibülten", nur daß es hier keine so breiten Schlote gab mit so engen Planken. Als "Dragstocken" dienten notfalls die Pütthaken, mit denen normalerweise das Brunnenwasser hochgehievt wurde. Richtige "Dragstocken" waren an beiden Seiten angespitzt. So konnten sie leicht unter die dicken "Hoppels" gesteckt werden.

Wenn in diesen Wochen die Kreiselmäher zum dritten Mal eingesetzt werden, so ist das schon ein zusätzlicher Futtervorrat für den Winter. Bliebe zu fragen, was die Landwirte mit einem eventuellen vierten Schnitt machen? Nun, die Nachfrage aus dem Nachbarland ist groß. Wir werden im Winter die Lkw mit niederländischem Kennzeichen sehen, die Silo und Heu zu den holländischen Kollegen bringen.

Das grüne Gras ist zu Heu geworden. Die letzten Spieren werden nachgeharkt. Links hat Lisbeth einen ,,Mannlü"-Strohhut auf dem Kopf, während bei Talkea ein ,,Erntehut" vor den Sonnenstrahlen schützt.
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Das grüne Gras ist zu Heu geworden. Die letzten Spieren werden nachgeharkt. Links hat Lisbeth einen "Mannlü"-Strohhut auf dem Kopf, während bei Talkea ein "Erntehut" vor den Sonnenstrahlen schützt.

Wie gesagt, es ist bislang ein gutes Erntejahr. Da denkt der eine oder andere schon einmal zurück an die Zeiten, als das Heuen noch überwiegend Handarbeit war. Gemäht wurde mit der Sense. Der hölzerne Sensenbaum ließ manche Schwiele zu einer Blase werden. Ganz früher zogen die Lohnmäher aus dem westlichen Overledingerland bis ins Rheiderland oder sogar bis Holland. Eingebunden in einem Tuch, gehörte das Dengelwerkzeug genauso dazu wie eine warme Decke für die manchmal doch recht kühlen Sommernächte.

Wir wollen mit unserer Geschichte gar nicht in ferne Länder schweifen, sondern an der Ems bleiben. Wer auf der B 70 täglich nach Leer fährt, kommt an diese berüchtigte halbe Kreuzung, wo es nach Esklum geht. Hier ist Überholverbot, und der Autofahrer hätte vielleicht die Gelegenheit, die Wegschilder etwas genauer zu studieren. Da könnte er lesen, daß es nach "Tjackleger" geht und "Spriekenborg" und "Heerenborg". Das sind den meisten Lesern keine geläufige Namen mehr. Früher einmal bestand bei Tjackleger eine der wenigen Möglichkeiten, die Leda mit einer Bootsfähre zu überqueren. Pferdefuhrwerke mußten zur Esklumer Fähre, wenn sie nach Leer wollten. Das ist aber eine eigenständige Geschichte, die nichts mit Sensen und Rechen zu tun hat.

Das grüne Gras ist zu Heu geworden. Die letzten Spieren werden nachgeharkt. Links hat Lisbeth einen ,,Mannlü"-Strohhut auf dem Kopf, während bei Talkea ein ,,Erntehut" vor den Sonnenstrahlen schützt.
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Bei diesem Foto ist Gretchen zu dicht an ihren Bruder Beene herangegangen, so daß nur Bruder Gerd im Hintergrund richtig scharf auf das Bild kam. Im Hintergrund die B 70 mit Baumbestand anno 1936.

Gretchen Beening aus Heerenborg gehörte 1935 zu den Mädchen, die wie Johanne Meyer und Johanne Kramer eine einfache Kamera geschenkt bekamen. Gretchen war sehr glücklich. Sie suchte immer wieder neue Motive, und wenn 1982 nicht die Überschwemmungskatastrophe beim Entlastungspolder gewesen wäre, so könnte sie unseren Lesern noch viel mehr Bilder zeigen. Wir haben uns diesmal die Bilder vom Heuen ausgesucht. Auf den großen Wiesen hatten die Bauern frühzeitig eine Pferdemähmaschine, wie wir sie unseren Lesern schon ein-mal im vorigen Jahr am 14. Juli gezeigt haben.

Hier in Heerenborg an der Ems verläuft seit über 100 Jahren die Eisenbahnlinie Rheine - Emden. Dieser Bahndamm war schnurgerade durch die Ländereien gelegt worden. Die Ems aber und der Wallschlot, der von Völlen aus erst bei Esklum in die Ems entwässerte, diese natürlichen Flußläufe hatten überall Biegungen, so daß immer wieder kleine Stückländereien entstanden, die mit Maschinen nicht bearbeitet werden konnten.

Auf den großen Wiesen konnten Beenings die neumodische Pferdemähmaschine einsetzen. Beene Beening hat es ziemlich ruhig auf seinem Sitz, während die Stute die schweren gußeisernen Räder ziehen mußte, über die das Mähwerk angetrieben wurde.
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Auf den großen Wiesen konnten Beenings die neumodische Pferdemähmaschine einsetzen. Beene Beening hat es ziemlich ruhig auf seinem Sitz, während die Stute die schweren gußeisernen Räder ziehen mußte, über die das Mähwerk angetrieben wurde.

Von Hand wurde gemäht, von Hand das Gras geschüttet, geharkt, in Hoppels gesetzt, und mit zwei langen hölzernen Stangen wurden diese Haufen über die Entwässerungsgräben bis zu einem festen Weg getragen. Hier konnten sie dann auf einen Heuwagen verladen werden. Die alte Stute zog den schweren Wagen ins heimische Heerenborg. Da haben wir ihn wieder, die-sen seltsamen Namen: Heerenborg. Wie Spriekenborg, Weekeborg, Dorenborg. Wer an der Ems zwischen Leer und Papenburg öfter einmal mit dem Rad entlangfährt, der kennt diese Namen. "-borg" bedeutet nun keineswegs "Burg", wie einige zu Unrecht vermuten. Es han-delt sich um einzelne größere Gehöfte. Das Haupthaus ist mit dicken Steinmauern versehen und die ganze Besitzung ist mit einem Graben umgeben. Diese Einzelsiedlungen, zu denen durchaus ein bis zwei weitere Häuser gehören können, hatten keinen Dorfcharakter, es gab also keine Gemeindeweide (Allmende).

Die verschiedenen Heuhaufen von den Stücken, die nicht maschinell bearbeitet werden konn-ten, wurden anschließend mit dem Pferdewagen eingesammelt. Die Stute erlitt 1945 bei den Kämpfen um Leer tödliche Verletzungen. Beene steckt auf, und Gerd packt.
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Die verschiedenen Heuhaufen von den Stücken, die nicht maschinell bearbeitet werden konnten, wurden anschließend mit dem Pferdewagen eingesammelt. Die Stute erlitt 1945 bei den Kämpfen um Leer tödliche Verletzungen. Beene steckt auf, und Gerd packt.

Hier herrschte der Besitzer allein. Vielleicht war sein Name "Heere Heeren" gewesen? Wir wissen es nicht genau. Der bekannte Heimatforscher Wilhelm Korte hat herausgefunden, daß im ostfriesischen Urkundenbuch im Jahre 1482 ein Wyerdt Heringes genannt wird, der einen Hof bei Esklum besaß. Vielleicht war er der Namensgeber von "Heerenborg"? Die schlauen Bücher schweigen beharrlich, man mag so viel blättern und suchen, wie man will.

So bleibt uns nur das Zitat aus 0. G. Houtrouw, "Eine geschichtlich-ortskundige Wanderung durch Ostfriesland", S. 210: "Heerenborg erinnert uns an die Flucht Fokko Ukenas, der am 5. October 1431 des Nachts hier über die Leda fuhr, als er seine ausgehungerte Burg zu Leer nicht länger zu halten vermochte, und von hier aus nach Papenburg entkam, wie Ubbo Emmius in seiner ,Geschichte der Friesen' erzählt."

Die Schwestern Talkea (links) und Elisabeth schütten mit ihren Heuforken das noch nicht trockene Gras. Im Hintergrund erkennt der Betrachter den "Tochschlot", der unter dem Eisenbahndamm hindurch zum Esklumer Siel fließt.
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Die Schwestern Talkea (links) und Elisabeth schütten mit ihren Heuforken das noch nicht trockene Gras. Im Hintergrund erkennt der Betrachter den "Tochschlot", der unter dem Eisenbahndamm hindurch zum Esklumer Siel fließt.

Diese Begebenheit führt uns ganz tief in die Geschichte Ostfrieslands und hat mit dem Thema "Heu" gar nichts mehr zu tun. Deshalb ist es sinnvoll, diesen Artikel hier enden zu lassen.

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