[ Fehntjer Kurier ]

Geschichten aus dem Overledingerland

Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze


Fehntjer Kurier vom 20.07.1989

Jede Kenterung war ein großer Spaß
Badelustige Jugend ging zur alten Kastenschleuse

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Jede Kenterung war ein großer Spaß
Badelustige Jugend ging zur alten Kastenschleuse

Die Luft ist stickig. Das Thermometer zeigt über 30 Grad im Schatten. Viele stöhnen. So heiß braucht der Sommer nun auch nicht gleich zu werden!

Wer aber an das letzte Jahr zurückdenkt, wo es diese "angenehm" kühlen und regnerischen Tage und Wochen gab, der muß doch zugeben. daß ein richtiger Hochsommer heiß und schwül zu sein hat. Die Kinder jedenfalls freuen sich, daß sie schon des öfteren hitzefrei hatten. Und der Schwimmbadverband ist ebenfalls froh, denn die Besucherzahlen versprechen ein gutes Jahr.

Ein Foto, daß so viele Erinnerungen weckt: Folli Schmidt verkaufte im Sommer auch Speiseeis von seinem rollenden Milchwagen aus. Vorn bekommt Heinz Jürgen Niethammer gerade sein Eis, auf das Egon-Dietmar Helling noch wartet. Auch den Mädchen Ingrid Struck, Edeltraud Helling und Hildegard Struck läuft das Wasser schon im Mund zusammen. Herrliche Kinderzeit auf dem Fehn!
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Ein Foto, daß so viele Erinnerungen weckt: Folli Schmidt verkaufte im Sommer auch Speiseeis von seinem rollenden Milchwagen aus. Vorn bekommt Heinz Jürgen Niethammer gerade sein Eis, auf das Egon-Dietmar Helling noch wartet. Auch den Mädchen Ingrid Struck, Edeltraud Helling und Hildegard Struck läuft das Wasser schon im Mund zusammen. Herrliche Kinderzeit auf dem Fehn!

Wie war das früher, als es noch kein Schwimmbad am Langholter Meer gab? Nun, Wasser gab und gibt es in unserem Overledingerland genug. Die Kinder badeten in den Inwieken oder sogar in den Hauptwieken. Dort sah das Wasser zwar bräunlich aus, und man mußte sich anschließend mit Brunnenwasser abspülen, aber das Moorwasser in den Wieken war sauber. In den sechziger Jahren wurden überall Bauplätze zwischen den Fehnhäusern verkauft.

Mit dem Ausbau der Wasserleitungen stieg der Verbrauch um ein Vielfaches. Der Überlauf der vorsintflutlichen Klärgruben ging in die Hauptwieke, und unsere Kanäle sind seitdem "versaut". Heute würde es niemand wagen, in einer Fehnwieke zu baden. Damals aber war es das schönste Freizeitvergnügen der Jugend. Wir wissen von unserem ehemaligen Außenminister Gerhard Schröder, daß er sich gern an die Sommertage auf dem Fehn erinnerte. Wenn er bei seinen Verwandten einige Ferientage verbringen durfte, freute er sich schon lange vorher auf das Baden in der Schleuse am Verlaat. Dort traf sich die Westrhauderfehner Kinder benutzten hauptsächlich die alte Kastenschleuse in ldafehn, weil die dritte Südwieke schon zu stark verschlammt war und auch die 2. Südwieke etliche Grasinseln hatte.

Diese Badestelle von Henni, Olof und Johanna liegt heute unter Asphalt begraben. Es ist die 1. Ostwieke in Ostrhauderfehn, vor Evert Tinnemeyer und der ehemaligen Bäckerei Olson etwa. Das Wasser war recht tief, und die beiden Mädchen müssen gut aufpassen. Zum Schwimmenlernen ging es damals in den Polder, wo die Wasserstellen flacher waren
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Diese Badestelle von Henni, Olof und Johanna liegt heute unter Asphalt begraben. Es ist die 1. Ostwieke in Ostrhauderfehn, vor Evert Tinnemeyer und der ehemaligen Bäckerei Olson etwa. Das Wasser war recht tief, und die beiden Mädchen müssen gut aufpassen. Zum Schwimmenlernen ging es damals in den Polder, wo die Wasserstellen flacher waren.

Es waren die Kinder, die schwimmen gingen. Oft war es mehr ein "Hundjepaddeln". Eltern, die schwimmen konnten und diese Kunst ihre Kindern lehrten, gab es kaum. Zwar hatten 1936 die Olympische Spiele in Berlin stattgefunden. Die Sieger in den verschiedenen Schwimmstilarten wurden in den Zeitungen genannt. Doch auf dem Lande war und ist vieles anders. Es gab nur ganz wenige Männer auf dem Fehn, die schwimmen konnten und dieses auch taten. Schließlich war das eine brotlose Kunst!

Und Frauen gingen überhaupt nicht ins Wasser, außer wenn sie sterben wollten. Dies ist ein makabres Thema, denn es kam oft genug vor. Der andere Grund, weshalb Frauen nicht baden gingen, liegt in dem "prüden" Zeitalter, welches einige Jahrhunderte zurückliegt. Hier hat sicherlich auch die strenge Kirche ein wenig Mitschuld. Zwar durften Maler den weiblichen Körper nackt malen, aber ansonsten hatte die Frau den puritanischen Kleidervorschriften zu genügen. Wer erinnert sich nicht an die Postkarten von den Ostfriesischen Inseln? Da gingen die mutigen Stadtfrauen in einen Badekarren, zogen sich unförmige lange Badeanzüge an und ließen sich von den Badefrauen mit dem Karren ins flache Meerwasser schieben! Denn es galt als unschicklich, die entblößten Füßchen den Blicken fremder Mannspersonen darzubieten.

Wie anders heute. Keine Illustrierte und keine Boulevardzeitung, die nicht wenigstens ein halbnacktes Mädchen als Foto abdrucken. Die Bademoden bestehen aus "nichts", welches auch noch teuer bezahlt werden muß. Es gibt die FKK-Strände, wo Nackte in der Sonne baden. Das geht auch heute noch für viele zu weit. "Schamlos" heißt es, und: "Dat düssen wie fröher nich!" Früher zogen die Jungen eine Turnhose an und sprangen ins Wasser.

Die Mädchen versteckten sich hinter einem Busch und zogen sich unter einer großen Decke um. Der "Badeanzug" bestand oft nur aus einer Pluderturnhose und einem Unterhemd. Die Zöpfe wurden nach oben gebunden, denn Mutter warnte: "Paß up, dat du dien Haar nich natt kriegst!"

So ging es dann zur Badestelle an die Wieke, zur Langholter Tonkuhle, ans Fehntjer Meer bei Tiedeckens Wald oder wo auch immer eine günstige Gelegenheit bestand. Die alten Fehntjer sahen es nicht so gern, da die Kanal Böschungen durch den Badebetrieb stark in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Nicht immer war das Baden in der Wieke ein sauberes Vergnügen. Hier machen sich die Ferienkinder Helmut Buddenberg und Herbert aus Hilden, die bei Meyers in der 1. Südwieke wohnten, ein Vergnügen daraus, den "Antjeflött" recht schön auf dem Körper zu verteilen, um wie Gott Neptun persönlich auszusehen.
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Nicht immer war das Baden in der Wieke ein sauberes Vergnügen. Hier machen sich die Ferienkinder Helmut Buddenberg und Herbert aus Hilden, die bei Meyers in der 1. Südwieke wohnten, ein Vergnügen daraus, den "Antjeflött" recht schön auf dem Körper zu verteilen, um wie Gott Neptun persönlich auszusehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg tauchten die ersten Autoschläuche als Hilfsmittel zum Schwimmen lernen auf. Das war eine Sensation. Nicht jeder konnte sich so einen Reifen leisten. Da wurde gesucht und gebettelt; bis der Vater oder der Onkel endlich auch so einen Reifen ausfindig gemacht hatte. Und dann waren da noch die Flöße aus Benzinkanistern. Junge, hat das Spaß gemacht! Vier Kanister wurden zusammengebunden, ein paar alte Bretter wurden oben drüber angebracht, und wenn kein Primitivpaddel vorhanden war, dann legten sich die Jungen lang drauf und paddelten mit den Händen. Welch ein Spaß, wenn das Floß kenterte! Dann konnten die Kinder stundenlang zu Hause erzählen

Hier spielen die Ferienkinder Helmut und Herbert mit dem alten Backtrog. "Eine Seefahrt die ist lustig" - bis der Trog umstürzt. Im Hintergrund das alte Fehnhaus von Hobbi, das dann Weert Loger bewohnte. Es steht heute noch an der Westseite der 1. Südwieke.
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Hier spielen die Ferienkinder Helmut und Herbert mit dem alten Backtrog. "Eine Seefahrt die ist lustig" - bis der Trog umstürzt. Im Hintergrund das alte Fehnhaus von Hobbi, das dann Weert Loger bewohnte. Es steht heute noch an der Westseite der 1. Südwieke.

"Junge, Junge, ist das heute eine Hitze!" Kein Lüftchen regt sich. Der Hund verkriecht sich in den Schatten der Linde, und die Hühner mollen sich im Mullsand unter der Hecke. Über den abgeheuten Wiesen flimmert die Sonnenglut. Jetzt ein Bad in kühlem Wasser, denkt sich jeder, und betrachtet die Bilder auf dieser Seite. Es war einmal eine kleine Ortschaft mit vielen, vielen Kanälen ....

Und noch eine Selbstaufnahme. Hier gab es eine Sandstelle im Kanal, so daß sich alle vor der Kamera gut aufbauen konnten. Von links: Hanni Kramer, Hanni Janssen, Hildegard Sanders, Therese Tinnemeyer, Marga Pöppelmeyer und ein Mädchen aus Oldenburg. Im Hintergrund sitzt der wasserscheue Conny Lohöfer, "Mesters Jung".
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Und noch eine Selbstaufnahme. Hier gab es eine Sandstelle im Kanal, so daß sich alle vor der Kamera gut aufbauen konnten. Von links: Hanni Kramer, Hanni Janssen, Hildegard Sanders, Therese Tinnemeyer, Marga Pöppelmeyer und ein Mädchen aus Oldenburg. Im Hintergrund sitzt der wasserscheue Conny Lohöfer, "Mesters Jung".

Zur Verfügung gestellt von Agate Helling, Johanne Kramer (2), Johanne Scheer (2) und Johanna Tinnemeyer.

 

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