Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze
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Im Fehn- und Schiffahrtsmuseum Rhauderfehn wird das Siegel der ehemaligen Rhauderfehn-Gesellschaft aufbewahrt. Es ist ein Messingsiegel, das als Petschaft in den roten heißen Siegellack gedrückt wurde. Als umlaufende Inschrift lesen wir: "Rhauderfehn Compagnie MDCCLXVIIII." Es weist mit dieser Jahreszahl 1769 auf die Gründungsurkunde für das im Entstehen begriffene Rhauder-, Wester- und Osterfehn hin.
Im Inneren dieses Siegels erkennen wir eine Handwerkslade, in der die Mitgliedsrollen der alten Zünfte aufbewahrt wurden. Auf ihr steht ein Bienenkorb mit einem Füllhorn und dem Merkurstab. Dieser geflügelte und von zwei Schlangen umringte Stab des römischen Handelsgottes Merkur ist als einziges Symbol in das heutige Rhauderfehn-Wappen übernommen worden.
Das Siegel der Rhauderfehn-Gesellschaft. Es ist bis heute nicht nachgewiesen, wann es zum ersten Mal gebraucht wurde. Auf den Akten vor 1800 kommt es jedenfalls nicht vor. |
Das ist eigentlich schade, denn der lmmenkorb mit den ihn umfliegenden Bienen ist ein deutlicher Hinweis auf den Fleiß und die Ausdauer unserer Vorfahren. Sie waren es, die unser heutiges Fehn zu Blüte und Wohlstand brachten. Der Fleiß der Arbeitsbienen ist kaum zu beschreiben. Hier mag der eine oder andere vielleicht einwenden: Lieber Schreiberling, du kannst doch Menschen nicht mit Tieren vergleichen!
Hinrich Klock beobachtet auch sonntags genau seine Bienenvölker |
Doch, er kann. Er muß es sogar, denn die Bienen gehören zu der kleinen Insektengruppe, die staatenbildend lebt wie zum Beispiel die Waldameise. Bei den Bienen gibt es eine Königin. Sie ist Herrscherin über ein ganzes Volk von Arbeiterinnen, Drohnen, Wächtern, Belüftern und so weiter. Fast jeder Berufsstand ist vertreten von der Kinderschwester bis zum Kundschafter. Sechzig- bis achtzigtausend Bienen leben im Sommer in einem Bienenstock. Was auf den ersten Blick wie ein Chaos aussieht, ist in Wirklichkeit streng durchorganisiert.
Die Hauptaufgabe der Königin besteht im Eierlegen. 1500 bis 2000 Eier legt sie täglich (!) in die dafür vorbereiteten sechseckigen Wachswaben. Das ist Schwerstarbeit! Aus diesem Grunde wird die Königin mit der allerbesten Nahrung gefüttert, die die Arbeiterinnen finden können. Dieser Königinnenfuttersaft ist so kompliziert zusammengesetzt, daß die Wissenschaftler bis heute noch nicht die vielen wertvollen Einzelstoffe kennen.
Bei solchen Fakten und Zahlen wird es unsere Leser nicht verwundern, daß eine Biene rund 3400 Blüten anfliegen muß, um ein einziges Gramm Honig zusammenzutragen!
Johann Wiese, neben seiner Mutter, war Bäcker von Beruf und konnte den Honig sehr gut in seiner Backstube verwenden. Der Helgen der Brüder Wiese für die zu bauenden Schiffe lag auf der anderen Seite des Hauses (heute Werftstraße) |
Dieser Honig ist es, nach dem wir Menschen trachten. Wir haben die Biene zu unserem "Haustier" gemacht. Die nur etwa 30 bis 45 Tage lebenden Arbeitsbienen holen den Nektar aus den Blüten. Bereits auf dem Rückflug beginnt die Arbeitsbiene durch Zugabe körpereigener Stoffe mit der Umwandlung des Nektars in Honig. Im lmmenstock übernehmen dann zahlreiche andere Bienen die angeflogene Fracht und bringen sie zur weiteren Verarbeitung in verschiedene Fabrikationszellen. Hier wird zuerst einmal der Wassergehalt heruntergefächelt. Ist der Verdunstungsprozeß abgeschlossen, können die Vorratswaben verdeckelt werden.
Wir sehen, solch ein Bienenkorb ist eine Fabrikationshalle. Es wird Raps-, Klee-, Wald-, Akazien-, Wildblumen- oder Heidehonig hergestellt. Es ist ein Gemisch von Frucht- und Traubenzucker sowie Malzzucker und Saccharose. Im Honig sind zahlreiche Fermente, Mineralstoffe, Vitamine und antibakterielle Stoffe enthalten. Seit altersher ist Honig auch ein Heilmittel. Er wurde in Salben (Emplastrum) bei Wunden verwendet, aber auch innerlich bei Erkältungen und Verdauungsbeschwerden verabreicht.
Bevor der Rohrzucker in Europa eingeführt wurde, war der Honig das einzige Süßungsmittel für Speisen und daher sehr geschätzt und begehrt. Die ersten Siedler im Moor hatten fast alle nach einiger Zeit der Entbehrung wenigstens einen Bienenschwarm hinterm Haus im Garten stehen. Die Körbe waren aus Stroh geflochten. Die Buchweizenblüte brachte reichlich Tracht in den Waben.
Wie alt der Overledinger Imkerverein ist, weiß heute niemand mehr zu sagen. Zentrum ist aber wohl immer Westrhauderfehn gewesen. Von hier aus ging es nach Bokelesch, wo früher die Königinnenvermehrung stattfand. Aber das wissen wirklich nur noch die ganz alten Imker. Ansonsten beginnt die Vereinschronik erst nach dem 2. Weltkrieg. Ob früher keine Protokolle geführt wurden oder doch, wo sie vielleicht abgeblieben sein können, das bleibt ein Geheimnis.
Die Mitglieder im Rhauderfehner lmkerverein heißen oben: Untere Reihe: Alberd Feldmann, Joachim Geißler, W'fehn, Georg Rosenboom, 1. Vors., Johannes Rieken, O'fehn, der verstorbene Werner Weers, Burlage, Warner Hieronimus, Flachsmeer, Johannes Mauritz, W'fehn. Es fehlen u. a. Johann Schmidt, Rajen, Heinrich Gerdes, Collinghorst, Gerd Rhauderwiek, Langholt, Gerd Oltmanns, Steenfelde, Wilhardus Straatmann, Collinghorst, Deddo Arling, Steenfelde. |
Die lmker unserer Tage haben andere Sorgen. Da sind die vielen "Tuuntjer", die ständig mit der Giftspritze ihr Gemüse schützen. Da ist die gefährliche Varoatose, eine Seuche, die nur schlecht in den Griff zu bekommen ist. Und da ist das Problem der Königinnenvermehrung auf Langeoog: Die dortigen Drohnen sind steril, es finden kaum noch Befruchtungen statt. Dabei werden junge Königinnen für kranke Völker dringend benötigt.
Georg Rosenboom, der Vorsitzende des Rhauderfehner lmkervereins, ist gleichzeitig auch der Vorsitzende des Kreisimkerrates Leer. Er möchte gern junge Menschen an die Bienenzucht heranführen. Immer wieder wird auf Ausstellungen ein Lehrstand aufgebaut, und auch in Schulen geht der engagierte lmkerverein, um auf den großen Gesundheitswert des reinen Honigs hinzuweisen.
Das waren Preise! Auf der Rundschau vom 27.9.1932. |
Ohlrich Dupree hat den Imkerverein von 1953 bis 1976 geleitet. Dann übernahm Heinrich Gerdes aus Burlage dieses Amt. Er wurde 1980 mit dem Staatsehrenpreis der Landwirtschaftskammer für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Bienenzucht ausgezeichnet. Nach dem Tode von lmkermeister Heinrich Gerdes übernahm Georg Rosenboom vom Leda-Jümme-Weg das Amt des Vorsitzenden. Zusammen mit Schriftwart Hans Kruse aus Ramsloh und Wanderwart Erich Gerdes aus Burlage bildet der Vorstand ein gutes Gespann. Die über 30 Mitglieder des Imkervereins sind auf den Hauptversammlungen und bei den Weihnachtsfeiern fast immer vollständig vertreten, was auf eine gute Kameradschaft im Verein hinweist.
Wünschen wir den fleißigen Imkern wenige Stiche und eine gute Sommertracht!
Der Wanderwart des Imkervereins, Erich Gerdes, wohnt sinnigerweise am Imkerweg in Burlage. Der Fehntjer Kurier hat ihn im letzten Jahr am 23. Juni ausführlich vorgestellt. |
Die Fotos wurden zur Verfügung gestellt von Helga Braatz, Erich Gerdes, Bernhard Klock, Georg Rosenboom und Hanni Scheer.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie, wenn Sie
diesem Link folgen:
http://www.archiv-heinze.de/colonien/westrhfehn/vereineWF/imker/imker.html
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