[ Fehntjer Kurier ]

Geschichten aus dem Overledingerland

Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze


Fehntjer Kurier vom 04.05.1989

Der Mai und die "Jahnsche Turnerei"
Turnordnung von 1925 mit strengen Sitten

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Der Mai und die "Jahnsche Turnerei"
Turnordnung von 1925 mit strengen Sitten

Der 1. Mai ist ein Tag mit vielen Traditionen. Es ist der "Tag der Arbeit", aber an diesem Tag arbeitet niemand. Der 1.Mai ist, wenn wir es überspitzt formulieren wollen, der erste freie Tag im Mai. Ihm folgen Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam. Ein prächtiger Monat, der Wonnemonat Mai!

Traditionell finden an diesem Maitag nicht nur Aufmärsche und Versammlungen statt, sondern auch Umzüge und Ausflüge der verschiedensten Vereine. Die Sportler haben den ganzen Winter über auf die Freiluftsaison gewartet. Selbst die Turnerinnen und Turner, die allein schon durch ihre Sportgeräte an den Saal oder die Halle gebunden sind, wagen jetzt die ersten Übungen unter freiem Himmel.

Den Turnvater Jahn kennt fast jeder, auch wenn "Er" nur Fußball spielt oder "Sie" nur Gymnastik treibt. Friedrich Ludwig Jahn war Lehrer in Berlin, wo er 1810 begann, mit Kindern Turnübungen abzuhalten. Schon 1819 erhielt er offiziell ein Turnverbot, ja, er wurde anschließend sogar wegen "Staatsgefährdung" eingesperrt. Erst 1840 wurden er und seine Turnbewegung durch König Friedrich Wilhelm IV. rehabilitiert.

Eine ganz große Rarität ist dieses Foto von einem Ausflug des Männerturnvereins Westrhauderfehn ins damals noch mächtige Moor. Links mit dem Eichenlaub am Hut steht Lehrer Franz Arndt. Im Hintergrund erkennen wir Joke (Johann) Bohlen, Hans Trey und Tebbe Appeldorn. Die drei Jugendlichen, die um den Topf herum knien, sind bislang unerkannt geblieben. Rechts im Schneidersitz ißt der Uhrmachergeselle Friedo Frye seine Erbsensuppe. Lustig die Geschichte, wer die Töpfe saubermachen mußte: Das entschied ein Ringkampf. Bei einem ihrer Ausflüge nach dem 1. Weltkrieg wurden die Turner als ,,Spartakisten" verdächtigt und aus Esterwegen verjagt. Die Aufnahme entstand von Lambertus Deepen. Der Vater, Färbermeister Deepen, kam aus Leer, wo er dem dortigen Turnverein angehört hatte. Aus diesem Grund erlaubte er seinen Kindern auch die Mitgliedschaft im MTV.
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Eine ganz große Rarität ist dieses Foto von einem Ausflug des Männerturnvereins Westrhauderfehn ins damals noch mächtige Moor. Links mit dem Eichenlaub am Hut steht Lehrer Franz Arndt. Im Hintergrund erkennen wir Joke (Johann) Bohlen, Hans Trey und Tebbe Appeldorn. Die drei Jugendlichen, die um den Topf herum knien, sind bislang unerkannt geblieben. Rechts im Schneidersitz ißt der Uhrmachergeselle Friedo Frye seine Erbsensuppe. Lustig die Geschichte, wer die Töpfe saubermachen mußte: Das entschied ein Ringkampf. Bei einem ihrer Ausflüge nach dem 1. Weltkrieg wurden die Turner als "Spartakisten" verdächtigt und aus Esterwegen verjagt. Die Aufnahme entstand von Lambertus Deepen. Der Vater, Färbermeister Deepen, kam aus Leer, wo er dem dortigen Turnverein angehört hatte. Aus diesem Grund erlaubte er seinen Kindern auch die Mitgliedschaft im MTV.

Zur Verfügung gestellt von Gisela Schmidt.

Die Turnbewegung war nun so mächtig, daß in Leer im Jahr 1860 ein Turnverein durch den jungen Arzt Dr. Tilemann gegründet wurde. Dieser TV Leer entwickelte sich schnell zu einem Politikum, denn allgemein wurde die "Jahnsche Turnerei" als Tarnung staatsgefährdender Umtriebe beargwöhnt. So wurde dieser neugegründete Turnverein durch vertrauliche Anfragen der Landdrostei Aurich sogleich durch den Bürgermeister von Leer überprüft. Es ergaben sich aber keine Verdachtsmomente, denn der allen Turnern eigene Sinn des Miteinander und Füreinander sowie eine sportliche Leistung, die sich nur nach dem körperlichen Können richtete, das waren Ziele, gegen die die Obrigkeit nichts einzuwenden hatte.

So fand schon ein Jahr darauf das erste Turnfest statt. Die anderen ostfriesischen Städte folgten alsbald dem Vorbild des TV Leer. Der Turnverein Weener feierte 1985 sein l00jähriges. Westrhauderfehn muß da noch einige Jahre warten, denn erst im Jahr 1907 wurde der "Männerturnverein Westrhauderfehn" gegründet. Initiator war der aus Weener kommende Eilert Athen, der Vater von Auktionator Heiko Athen. Die sieben Gründer waren Dr. Walter Trepte, Uhrmacher Simon Müller, Schlachtermeister Harm Renken, Buchhalter Heinrich Klinkhamer, Maler Meinert Oltmanns, Kontorist (bei Holzhandlung Hartwig Graepel) Andreas Hagedorn und Heiko Athen.

Die Mädchen des MTV Westrhauderfehn im Siegerkranz mit ihrer Vorturnerin Luise Diekmann im Sommer 1928. Oberste Reihe: Agnes Aden mit ihren Zöpfen umarmt Grete Burchhardt, dann folgt Katharina Roskamp, Rajen, eine (?) Junior, Rhaudermoor, Dini Töbermann, die Vorturnerin Luise Diekmann, unbekannt, unbekannt, Alwine Severins und Magdalene Klinkhamer. Mittlere Reihe versetzt: Agate Brunsema, Juliana Schmidt, Hermine Spieker, Grete Jelden mit dem ,,Riesenkranz", Frieda Janssen, Dini Saadhoff und Friedel Aden. Untere Reihe kniend von links: Gerta Lücht, Käthe Kluin, Anna Aden, Anna Franzen, Käthe Meyertöns, Agathe Fehn, Rajen, Wilma Klinkhamer, unbekannt, Gerda Kluin und Therese Collmann.
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Die Mädchen des MTV Westrhauderfehn im Siegerkranz mit ihrer Vorturnerin Luise Diekmann im Sommer 1928. Oberste Reihe: Agnes Aden mit ihren Zöpfen umarmt Grete Burchhardt, dann folgt Katharina Roskamp, Rajen, eine (?) Junior, Rhaudermoor, Dini Töbermann, die Vorturnerin Luise Diekmann, unbekannt, unbekannt, Alwine Severins und Magdalene Klinkhamer. Mittlere Reihe versetzt: Agate Brunsema, Juliana Schmidt, Hermine Spieker, Grete Jelden mit dem "Riesenkranz", Frieda Janssen, Dini Saadhoff und Friedel Aden. Untere Reihe kniend von links: Gerta Lücht, Käthe Kluin, Anna Aden, Anna Franzen, Käthe Meyertöns, Agathe Fehn, Rajen, Wilma Klinkhamer, unbekannt, Gerda Kluin und Therese Collmann.

Zur Verfügung gestellt von Agate Helling

Neben dem MTV Westrhauderfehn gab es seit 1920 die "Sportvereinigung". Das waren die fußballbegeisterten Fehntjer Jungen (siehe FK vom 2.7.1987). Hier sei erlaubt, kurz auf unsere Faschingsausgabe vom 3. Februar 1988 einzugehen. Der "unbekannte Herr" war der Uhrmachergeselle Johann Eisenhauer. Adolf Diersmann hatte 1931 zum Festkomitee dieser ersten karnevalistischen Veranstaltung der "Sportvereinigung" gehört. Jelly Bahns Saal war herrlich dekoriert. Mittendrin saß die Kapelle "Hugo Zimmermann". Um Mitternacht zog auf einem Festwagen Prinz Karneval in den Saal. Es war der verkleidete Joke Bohlen. Im Zeitungsbericht heißt es: "Er entbot seinem Volke einen königlichen Gruß und verkündete die goldene Freiheit im Reiche der Masken und Narren. Der Spruch vom "Küßchen in Ehren" soll dabei recht freimütig befolgt sein. 

Satzungen des Turnvereins Holterfehn für das Mitglied Nr. 21
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Satzungen des Turnvereins Holterfehn für das Mitglied Nr. 21

Zur Verfügung gestellt von Bernhard Müsker

Vielleicht war dies ein Grund, weshalb 1927 endlich eine Damenriege im Männerturnverein gegründet werden durfte?! Wie streng damals noch die Sitten waren, mag die "Turnordnung" vom11.Oktober1925 des Holterfehner Turnvereins zeigen: "1. Jeder Turner hat sich bei seinem Erscheinen in den Übungsstunden dem Turnwart vorzustellen. . . . 5. Das Verlassen der Riege sowie das Austreten aus dem Gliede ist nur nach vorheriger Erlaubnis gestattet. 6. Beim Riegenturnen ist die in jeder Riege festgesetzte Reihenfolge streng zu beobachten und nur die vorgeturnte Übung gestattet." Dem Vorstand, der diese Satzung beschloß, gehörte Lehrer Bertus Pfeiffer als 1. Vorsitzender an. Schriftwart war Bäckermeister Johann Müsker, Kassenwart Evert Taute und Turnwart Johann Linse.

Die Jugendturnabteilung vom TV Holterfehn etwa um 1930. Da hatte Ostrhauderfehn noch gar keinen Sportverein! Andreas de Freese hat uns geholfen, die Namen herauszufinden. Links steht Ubbo de Freese als Vorturner, auf dem Barren sitzt Andreas Oldermann, dahinter Rudolf de Buhr, Hinrich Heselmeyer, Andreas de Freese, Fritz Hemmen, Hermann Wulf, Hans Hinrichs, stehend Vorturner Rudolf Wulf, mit Fahne Bernhard Freesemann, dann Antine Gerdes, Hans Freesemann, Rena Ewen mit ihren tollen Zöpfen und ganz rechts Gerhard Oldermann. Dann sitzen da noch vier Mädchen und ein Junge auf dem vorderen Barrenholm: Gertrud Rudat, Hanni Kramer, Agnes Neehus, Johanne Wulf und Karl Freesemann. Die dritte Reihe beginnt mit Trientje Börg, es folgt ,,Bebe" Bernhard Janssen, Oltmann Tinnemeyer, Gesine Loots (?), Therese Steenhoff, Siebo Hickmann, Luise Spieker, Gesine Janssen, Anton Peper, Heinrich Steenblock, Anni Peper und Lehrer Bertus Pfeiffer. In der vorderen Reihe stehen: Theo und Georg Renken, es kniet Gerhard Hickmann (Pastor sien Jung), Irene Hickmann, Theda Kramer, Bernhard Vietor, Rosa Klock, Mathilde Lühring, Karl Noormann, Johann Buß und Hermann Lühring.
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Die Jugendturnabteilung vom TV Holterfehn etwa um 1930. Da hatte Ostrhauderfehn noch gar keinen Sportverein! Andreas de Freese hat uns geholfen, die Namen herauszufinden. Links steht Ubbo de Freese als Vorturner, auf dem Barren sitzt Andreas Oldermann, dahinter Rudolf de Buhr, Hinrich Heselmeyer, Andreas de Freese, Fritz Hemmen, Hermann Wulf, Hans Hinrichs, stehend Vorturner Rudolf Wulf, mit Fahne Bernhard Freesemann, dann Antine Gerdes, Hans Freesemann, Rena Ewen mit ihren tollen Zöpfen und ganz rechts Gerhard Oldermann. Dann sitzen da noch vier Mädchen und ein Junge auf dem vorderen Barrenholm: Gertrud Rudat, Hanni Kramer, Agnes Neehus, Johanne Wulf und Karl Freesemann. Die dritte Reihe beginnt mit Trientje Börg, es folgt "Bebe" Bernhard Janssen, Oltmann Tinnemeyer, Gesine Loots (?), Therese Steenhoff, Siebo Hickmann, Luise Spieker, Gesine Janssen, Anton Peper, Heinrich Steenblock, Anni Peper und Lehrer Bertus Pfeiffer. In der vorderen Reihe stehen: Theo und Georg Renken, es kniet Gerhard Hickmann (Pastor sien Jung), Irene Hickmann, Theda Kramer, Bernhard Vietor, Rosa Klock, Mathilde Lühring, Karl Noormann, Johann Buß und Hermann Lühring.

Der Männerturnverein Westrhauderfehn war einer der ersten Vereine, der eine Jugendabteilung für Schüler einrichtete (für Mädchen war das unschicklich!). Es gibt ein ovales Foto von 1910, auf dem die Turnerjugend des MTV gerade Rast macht auf ihrer Wanderung nach Klosterbusch. 1914 hatte die Jugendabteilung über 75 Mitglieder! Ein zweites Foto zeigt die Jugendlichen 1916 gut bemützt bei ihrer Himmelfahrtswanderung. Damals war man noch gut zu Fuß. Heute heißt es oft: "Dat kann ik neet mehr, darto bün ik to strabberg in de Knaken."

Die Damenriege des Elisabethfehner Turnvereins, der im Saal bei Holzenkämpfer, Dreibrücken, seine Turnübungen abhielt. Auf der Brust das ETV und links an der Hüfte das DTB = Deutscher Turnerbund. Oben von links: Lina Grünfeld, unbekannt, Hilde Murra, unbekannt, Lucie Kapfermann, Ottlinde Öttjes und Anni Janssen. Zweite Reihe von links, stehend: Platte Wittensand, auf dem Pferd: Hildegard Wellmann, Agathe Voskamp, die Tochter des Wirtes, als letzte Schwanette Tuitjer und stehend Frieda Oltmanns. Das Foto hat Georg Hensmanns vom Fotoatelier ,,Eveline", ldafehn, etwa 1929 gemacht.
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Die Damenriege des Elisabethfehner Turnvereins, der im Saal bei Holzenkämpfer, Dreibrücken, seine Turnübungen abhielt. Auf der Brust das ETV und links an der Hüfte das DTB = Deutscher Turnerbund. Oben von links: Lina Grünfeld, unbekannt, Hilde Murra, unbekannt, Lucie Kapfermann, Ottlinde Öttjes und Anni Janssen. Zweite Reihe von links, stehend: Platte Wittensand, auf dem Pferd: Hildegard Wellmann, Agathe Voskamp, die Tochter des Wirtes, als letzte Schwanette Tuitjer und stehend Frieda Oltmanns. Das Foto hat Georg Hensmanns vom Fotoatelier "Eveline", ldafehn, etwa 1929 gemacht.

Zur Verfügung gestellt von Bernhard Müsker

 

Anzeige aus der "Rundschau" vom 31.03.1933
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Anzeige aus der "Rundschau" vom 31.03.1933

Zur Verfügung gestellt von Lina Müsker

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