[ Fehntjer Kurier ]

Geschichten aus dem Overledingerland

Liebevoll gesammelt und aufs getreulichste nacherzählt von Michael Till Heinze


Fehntjer Kurier vom 06.04.1989

"De Hund is d`r mit de Sleef utnaiht"
Elektrischer Herd war die Sensation

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"De Hund is d`r mit de Sleef utnaiht"
Elektrischer Herd war die Sensation

Am 1. Dezember vorigen Jahres erzählte der Fehntjer Kurier die Geschichte vom Bäcker und seinem Backtrog. "Wiehnachten backt jedermann; up Ostern de, de hett un kann; man Pingsten backt de rieke Mann." Was soviel heißt, daß das Mehl im Laufe des Winters immer weniger wurde. Sparsam mußten die letzten Getreidekörner bis zur neuen Ernte verbraucht werden.

Das Brotbacken fand früher in den Backhuusen statt, auf die wir demnächst noch näher eingehen werden. Das offene Feuer im Haus wurde später vom heute so gesuchten Stangenherd abgelöst, der schon ein Backfach hatte. Dann gab es den ersten elektrischen Strom auf dem Fehn, worüber wir am 5. Januar ausführlich berichteten. Die elektrische Kochplatte wurde erfunden. In der Zeit vom 8. bis 11. November 1932 hielt die "Stromversorgung Oldenburg/Ostfriesland" Vorträge "über die Elektrizität unter besonderer Berücksichtigung der elektrischen Küche" im Hotel Frisia (Bahns).

Die damalige Leiterin der EWE-Lehrküche in Leer, Frau Schobert, zeigt Anni Susan und Gisela Appeldorn, wie eine Torte fachgerecht garniert wird.
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Die damalige Leiterin der EWE-Lehrküche in Leer, Frau Schobert, zeigt Anni Susan und Gisela Appeldorn, wie eine Torte fachgerecht garniert wird.

Der unselige 2. Weltkrieg brachte Elend und Not. 1945 war alles vorbei, und nach der Währungsreform 1948 stürmte die neu erstandene Bundesrepublik einer nie gekannten Wohlstandszeit entgegen. Die Mittelschule an der 1. Südwieke in Westrhauderfehn war die erste ländliche Schule, die über eine "Lehrküche" verfügte. Meines Wissens gibt es von diesem kleinen Kabuff, in dem Frl. Tuinmann Kochunterricht erteilte, kein Foto, aber Storys können die Realschülerinnen erzählen...

Die erste offizielle Lehrküche wurde 1954 in der Schule Untenende eingerichtet. Hauptlehrer Peppmeyer und Bezirksmeister Heiko Duin haben mit Unterstützung der Gemeinde durch die Energieversorgung Leer einen elektrischen Herd in einem der unteren Räume aufstellen lassen. Das war eine Sensation! Ein elektrischer Herd, ein einziger, bildete den Mittelpunkt einer Lehrküche". Wie stolz waren die hohen Herren, daß die Mädchen jetzt ganz offiziell auf ihre Rolle als kochende Hausfrau durch die Schule vorbereitet werden konnten. Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernt ihr!

Die Namen dieser Abschlußklasse 8 von 1954 haben wir schon am 12. Januar veröffentlicht. Vor der Wandtafel sitzen (fast ganz verdeckt) Frau Prigge, in der weißen Bluse die Handarbeitslehrerin Frau Ahlers, mit Brille Lehrer Evers, dann Lehrer Reinermann und der Klassenlehrer und Schulleiter Ernst Peppmeyer. Christa Ewen hat noch ein zweites Foto gemacht, wo zwischen Lehrer Peppmeyer und Anneliese Thos der damalige Musiklehrer und spätere Rektor Hans Deepen sitzt.
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Die Namen dieser Abschlußklasse 8 von 1954 haben wir schon am 12. Januar veröffentlicht. Vor der Wandtafel sitzen (fast ganz verdeckt) Frau Prigge, in der weißen Bluse die Handarbeitslehrerin Frau Ahlers, mit Brille Lehrer Evers, dann Lehrer Reinermann und der Klassenlehrer und Schulleiter Ernst Peppmeyer. Christa Ewen hat noch ein zweites Foto gemacht, wo zwischen Lehrer Peppmeyer und Anneliese Thos der damalige Musiklehrer und spätere Rektor Hans Deepen sitzt.

 

Ob sich unsere heutigen männlichen und weiblichen Schüler, die zusammen in chromblitzenden Kochtöpfen die leckersten Gerichte zaubern, vorstellen können, wie es damals war, damals vor nur 35 Jahren? Da gab es keine Mixer und Schnitzelapparate, Dunstabzugshauben und Mikrowellengeräte. Da waren die Mädchen stolz auf den einen Herd, den ersten elektrischen Herd in ihrer Schule.

Die ersten beiden Torten sind gelungen, aber es wird fleißig weitergerührt. Als provisorische Küchentische dienten die Schülertische (mit Tintenfässern!) sowie das Lehrerpult. Das linke Mädchen ist unerkannt geblieben, dann folgen: Elise Gerdes, Helga Hündling, Gisela Appeldorn, Gudrun Weers, Erika Jähne, Gesine Brahms, Lehrerin Frau Prigge, Christa Ewen, Helga Eikmann, Anni Susan, Christa Wulf und Hannelore Thos.
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Die ersten beiden Torten sind gelungen, aber es wird fleißig weitergerührt. Als provisorische Küchentische dienten die Schülertische (mit Tintenfässern!) sowie das Lehrerpult. Das linke Mädchen ist unerkannt geblieben, dann folgen: Elise Gerdes, Helga Hündling, Gisela Appeldorn, Gudrun Weers, Erika Jähne, Gesine Brahms, Lehrerin Frau Prigge, Christa Ewen, Helga Eikmann, Anni Susan, Christa Wulf und Hannelore Thos.

Eigentlich waren sie mit ihren Gedanken gar nicht mehr in der Schule, denn am 1. April sollten die Arbeitsstellen angetreten werden. Da kam dieses Wunderwerk der Technik noch in den letzten Tagen des Monats März in den Parterreklassenraum. Die Leiterin der Lehrküche von der Energieversorgung in Leer, Frau Schobert, war hinaus aufs Land gekommen, um zusammen mit den Mädchen der Abschlußklasse Kuchen, Torten und Gebäck für die Schlußfeier zu backen.

Im neuen Schuljahr würde dann die Lehrerin Frau Prigge das nächste achte Schuljahr vier Stunden wöchentlich in die Koch- und Backkünste einweihen, damit die Mädchen "auch auf ihre spätere Aufgabe als Hausfrau vorbereitet" wurden. Schließlich sollte niemand von den Fehntjerinnen behaupten können: "De lett't Schöttelwater je noch anbrannen!"

Helga Eikmann, Hannelore Thos, Gisela Appeldorn und im Hintergrund Gesine Brahms schauen zu, wie Christa Bodamer den Teiglöffel abschleckt.
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Helga Eikmann, Hannelore Thos, Gisela Appeldorn und im Hintergrund Gesine Brahms schauen zu, wie Christa Bodamer den Teiglöffel abschleckt.

Die Kochkünste der Ostfriesinnen werden oft bissig kommentiert: "De Kökenbessem is kleit man wat torecht, dat se d'r gau van ofkummt." Und kommt es dann, daß "her Sopp nix as Water un Kater is", denn "se is neet bi de Kookpott grootworden". Ganz schlimm ist es natürlich, wenn alles angebrannt ist: "De Hund is d'r mit to de Sleef utnaiht." So heißt es dann bitterböse: "Mit hör Koken is dat neet völ, se maakt gern Rebbdi und Leiwievenköst, un wat se kookt, dar kannst du mi mit dör't Deep jagen."

Nun muß ich aber aufhören, denn von weitem schallt es mir schon entgegen: "Well hett dat hier in Huus over de Etenspott to seggen???"

"Und drinnen waltet die tüchtige Hausfrau und reget ohne Ende die fleißigen Hände und herrschet weise im häuslichen kreise und lehret die Mädchen .." (frei nach Schiller)
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"Und drinnen waltet die tüchtige Hausfrau und reget ohne Ende die fleißigen Hände und herrschet weise im häuslichen kreise und lehret die Mädchen .." (frei nach Schiller)

Die Fotos wurden von Gisela Schmidt zur Verfügung gestellt.

 

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